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andreas hauffe
Hauffe geht über Leichen (Nov. 2014)
Remagener Kabarettist begeisterte in der Kulturwerkstatt
"Es ist schon ein komisches Gefühl, nach dreieinhalb Jahren wieder hier zu stehen", formulierte Andreas Hauffe, als er am Samstagabend seit langem einmal wieder auf der Bühne der Remagener Kulturwerkstatt stand. "Das war ich nicht" war der Titel seines Musikkabaretts, in dem er gewohnt bitterböse, mit rabenschwarzem Humor und einem beseelten Lächeln auf den Lippen über das Leben, aber vor allem über den Tod vom Leder zog.
Und das aus gutem Grund: Den Tod nämlich fürchtet der Remagener Kabarettist, Autor und Buchhändler schon sein Leben lang. Ihn mit humoristischen Mitteln abzufertigen, ist da fast schon so etwas wie eine Therapie. "Ein bisschen geschmacklos, aber lustig" - so lautete Hauffes eigenes Urteil über seine makaberen Ausführungen, bei denen dem Publikum aber nur höchst selten das Lachen im Halse stecken zu bleiben drohte.
Hauffe präsentierte sich bei seinem Comebackauftritt ganz so, wie man ihn kennt: Harmlos kam er daher, in seinen Knickerbockern, der mit Blümchen dekorierten Weste und der Schirmmütze auf dem Kopf. Fast so wie ein Clown. Aber ein Clown mit Gitarre, der wild drauflosspielt und den Tod als "Charakterschwein" entlarft, weil der ständig über Leichen geht. Aber auch Hauffe brachte an diesem Abend in seinen Liedern so manchen unter die Erde. Und zwar so charmant und selbstverständlich, dass man ihm dafür gar nicht böse sein konnte.
Zumal ja viele selbst ein Liedchen singen können von Beziehungskisten, die in Mordlust enden. Manchmal reicht da schon ein wiederholt zu weich gekochtes Ei. Oder allzu vorsichtiges Fahren, wenn der Ehemann gerade auf dem Beifahrersitz sitzt. "Du wirst die Erste sein, die von einer Wanderbaustelle überholt wird", lautete der Satz, der Andreas Hauffe auf der letzten gemeinsamen Fahrt mit seiner Frau herausrutschte, als seine Beschäftigungstherapie - nämlich die, anzügliche Limericks zu dichten - nicht mehr fruchtete. Apropos Limericks: "Reim dich oder ich fress dich" war auch das Motto bei seinen teils herrlich absurd getexteten Liedern. Der lästigen Gicht widmete er einen Blues und die Melodie von James Browns "Sex Machine" machte er zur Hintergrundmusik seines Abgesangs auf die deutsche Polittalkkultur. "Hier geblieben" war der Titel eines anderen Lieds, in dem Hauffe an das Böse erinnerte, das Reisende in aller Welt erwartet: Terroristen, staatliche Folter und Tsunamis.
Andreas Hauffe ist ein Original. Obwohl das, was er auf der Bühne macht und sagt durchaus bekannte Vorbilder zu haben scheint: In den Sinn kommen Woody Allen, Robert Gernhard und Heinz ErhardT. An Letzteren erinnerte jedenfalls sein Liebesgedicht an eine Spülmaschine. Es ist eine Liebe fürs Leben - trotz Mundgeruch und Inkontinenz. Vor Fremden zeigt sich die alte Dame allerdings etwas spröde und von ihrer ratternden und klirrenden Seite. Doch das Getöse ist nur Schau, so Hauffe: "Nur keine Angst, die will bloß spülen."
Rhein-Zeitung 11. November 2014
Auch im Kleinen kann Großes gedeihen
... und damit wären wir schon beim Ende des Abends, als Andreas Hauffe nach sage und schreibe sechs Stunden im Zug, die das Unglücksgefährt für 180 Kilometer gebraucht hatte, seinen überhaupt nicht ermüdeten Auftritt hatte. Im Gegenteil. Der Buchautor aus Remagen, der, wie er erzählte, »seit 42 Jahren an seinem musikalischen Durchbruch arbeitet«, sang seine finster schönen Lieder mit solch hinterhältiger Freude, dass einen jenes verräterische Glück überkam, welches aus gemeiner Bosheit ein triumphales Panaroma aus Befreiung von Konventionen entwirft. Zu frech zugespitzten Gitarrenklängen klagte er: »Unglücklich«, er sei so »unglücklich«. Und was dann kam, war kreislerische Poesie pur, die mit Makabrem jonglierte und die schönen Vorstellungen von Liebe und Glück schwarz austrickste und mit absurden Vorstellungen konterkarierte.
Stockstadt
Wenn die Reime nur so prasseln (Kieler Nachrichten 19. 07. 2010)
Wenn die Reime nur so prasseln
Von Hennes Hansen
… Jetzt war der Multifunktionskünstler Andreas Hauffe wieder einmal zu Besuch im Lutterbeker. Mit dem Programm „songs in german“ wolle er an diesem Abend endgültig den großen Durchbruch im Musikkabarettgeschäft schaffen, verkündete er frohgemut. … Zum Glück ging es anspruchsvoll weiter mit einer sanft vorgetragenen Prosaskizze des Wieners Peter Altenberg, vor allem aber mit Songs zum Thema Krankheit und Tod. Die banale Erkenntnis, dass, wenn einer die Gicht hat, er tunlich nicht eine Fremde zu sich ins Bett laden sollte, verpackte Andreas Hauffe in einen solch veritablen Reimwirbel, dass einem die Reime um die Ohren prasselten wie Schhrotkörner dem aufgeschreckten Hasen. Mit dem Wortspiel, der Tod sei ein Charakterschwein, er gehe über Leichen, gab Andreas Hauffe dann Freund Hein Saures und Löste Beklemmung in Lachen auf.
Und sonst? Nun, da gab es eine herrlich komische Collage von Stimmen und Texten zur Werbung zu hören. … Überhaupt war der studierte Germanist und Schriftsteller immer dann am besten, wenn er seiner Fähigkeit vertraute, dem Deutschen absurden und grotesken Wortwitz abzugewinnen.
Kieler Nachrichten 19. 07. 2010
Verblassende Gesichter auf dem Gotteshaus (Kreiszeitung Rotenburg 29.03.2010)
Verblassende Gesichter auf dem Gotteshaus
Von Daniel Reinhardt
Am Samstagabend ging die seit dem 19. Februar in Rotenburg laufende Veranstaltung mit zahlreiche Ausstellungen, Konzerte, Andachten, Lesungen und Vorträge zum Thema Tod und Sterben zu Ende.
Den krönenden Abschluss der Konzeptwochen besorgte schließlich der Kabarettist Andreas Hauffe im Auditorium des Kantor Helmke Hauses mit seinem Programm „Der Tod ist ein Charakterschwein“. Ungehemmt greift Hauffe darin das Thema Tod auf und holt mit beißendem Wortwitz zum großen Rundumschlag aus. Vom Ex-Präsidenten der Vereinigten Staaten, dessen Intelligenz von der eines Pferdes überboten wird, über die Zielgruppen privater Fernsehsender, bis zum Papst auf Deutschlandreise, der dort „das Sexualleben seiner Mitarbeiter einzudämmen“ versucht. Ein schmaler Grat, auf dem der Künstler wandelt, doch er verlässt ihn zu keinem Zeitpunkt. Geboten wird tiefgründiges, hartes, teilweise sogar politisches Kabarett. Mit Gesang und Gitarre zieht er die rund 150 Zuschauer in seinen Bann. Die Botschaft ist klar: Den Tod nicht zu ernst nehmen. Mit einem Lächeln auf den Lippen traten die Besucher wieder hinaus in den Regen - welch großartige Symbolik.
Kreiszeitung Rotenburg 29.03.2010
Wenn das T-Shirt entflammt (Göttinger Tageblatt 22.02.2010)
Wenn das T-Shirt entflammt
Von Eida Koheil
Für diesen Abend hat Andreas Hauffe seinen musikalischen Durchbruch geplant. 42 Jahre lang hat der Kabarettist und Liedermacher an seinem Erfolg gearbeitet. Am Sonnabend stand der Mann aus Remagen im Rheinland im Apex mit seinem Programm „songs in german – Geld verdienen mit Musik“ auf der Bühne. Gitarre, Schirmmütze, hellbraune Tuchhose mit passender Weste, braune Schuhe. Stilbruch ist einzig das schwarze T-Shirt unterm feinen Zwirn.Das – so stellt sich später heraus – soll zum Indikator seines Erfolgs werden. „Wenn das T-Shirt in Flammen aufgeht, dann ist mein musikalischer Durchbruch geschafft. Auf dem Shirt ist eine Skala appliziert, die bei Applaus leuchtet.
Hauffe singt in Rubriken über Gesellschaft, Krankheit, Tod, Religion, Politik, Reisen und Erotik („Ein heikles Thema, das wird nicht für alle erfreulich“, verspricht er). Trockenen Humor nennt Hauffe sein Markenzeichen. Den hat er zweifellos, wenn er über den eigenen Tod sinniert: „ Jeder muss mal sterben – vielleicht auch ich.“
Auch sein Blues über die Zipperlein, mit denen man bei Traumfrauen nicht punkten kann, weil die für Gewöhnlich nichts für geschwollene Gichtkrallen übrig haben, kommt selbstironisch und witzig daher. Daneben schlägt Hauffe immer wieder auch leise Töne an. Sein Lied über den Tod einer Freundin rührt die Zuschauer zum Teil zu Tränen.
Der zweite Teil des Programms ist weniger schwermütig. Wie bei fast allen Kabarettisten derzeit, kommt die Sprache auf Mario Barth. Hauffes Schreckensvision: Barth bekommt mit Cindy aus Marzahn zwölf Kinder (sechs sehen aus wie Cindy, die anderen sechs wie Mario) und die bekommen untereinander auch wieder Kinder, so dass am Ende die Welt bevölkert ist mit Cindys und Marios.
Um Anerkennung muss sich Hauffe keine Sorgen machen. Sein T-Shirt steht am Schluss seines gut zweistündigen extrem unterhaltsamen, kurzweiligen und streckenweise sentimentalen Programms zwar nicht in Flammen, aber der Beifall erreicht immerhin Spitzenwerte auf dem Applausometer.
Göttinger Tageblatt 22.02.2010
Hühnerblut und Harfe (Campus-web Bonn 2010)
Hühnerblut und Harfe
"Ich kann jetzt auch Schweine" im Euro Theater Central
Campus-web Bonn
Autor:David Weiers
Der Pfützentrinker hat eine schlimme Kindheit: Die Mutter ist Prostituierte, die beste Schulfreundin läßt ihn nach einem bösen Streich im Stich, in einer neuen Schule gerät er in den Einfluß eines Schlägers. Wenn seine Mutter übers Wochenende in der Stadt „arbeitet“, wird er zu seiner Tante aufs Land gebracht. Dort verliebt er sich in Marie, jedoch höchst unglücklich, denn das Mädchen zieht in die Stadt, was die Aussicht auf präpubertäre Entdeckungen zunichte macht. Ein geistig behinderter Nachbarsjunge wird zum Spielzeug, der Hund der Tante zum Ziel der kindlichen Rache. Letztlich dienen die Hühner dem angehenden Metzgerlehrling als Übungsmaterial.
In der Hauptsache erfährt er Ablehnung. Kümmert sich jemand wirklich um ihn, so ist es schließlich die Polizei. Er unterhält Kontakte zu Gescheiterten, die entweder im Heizungskeller hausen oder sich als Straßenmusiker verdingen. Sie alle haben Ziele oder zumindest welche gehabt. Er selbst hat auch eines: Marie, die unerfüllte Liebe seiner Jugendtage. Doch er findet sie nicht. Sein einziges wirkliches Ziel bleibt für ihn unerreichbar, so daß er mit sich selbst und seinen Stimmen allein in einer Welt zurechtkommen muß, deren Regeln er nicht so recht versteht.
Die unüberbrückbare Leere als krasse Realität
Alles, was der Pfützentrinker unternimmt, tut er aus sich heraus, denn die Vorbilder fehlen ihm. Er schlägt einen Lebensweg ein, wie er aus seiner Sicht gangbar ist. Das ist das einzige, was ihm zum Überleben übrigbleibt, denn niemand hat ihn jemals geführt und ihm die Welt erklärt, niemand hat ihn uneigennützig und bedingungslos angenommen. Diese fehlende Sozialisation hinterläßt eine tiefe Leere, die er nicht zu füllen vermag. Er kann sie auch nicht überbrücken, denn es fehlt ihm am nötigen Weitblick. Eines aber weiß er sicher: Das „Hinterher“ ist schlimm, davor sollte man sich hüten.
Aus dieser Einsicht kann er jedoch keinen Nutzen ziehen, da es ihm an der nötigen Reflexionsfähigkeit mangelt. Die emotionale und damit auch soziale Leere in seinem Leben bleibt ein klaffender Abgrund, in den er immer wieder hineinzufallen droht. Das führt letzten Endes zur Katastrophe.
Logik ohne Fundament
Die Geschichte eines Jungen, dem das Leben jegliche gesunde soziale Bindung versagt, ist schonungslos naturalistisch. Die Figuren und Handlungen werden ungeschönt und trocken vorgeführt, die grotesken Bilder sind scharf und in keinem Flecken retuschiert. Es gibt zeitliche Sprünge und Rückblenden, eingeflochten in den Lauf der Geschichte, was sie lebendig und direkt macht. Hinzu kommt Andreas Hauffes Lesestil, der den Pfützentrinker in all seinen Gedanken und Zweifeln zum Leben erweckt.
Dessen Überlegungen und Ansichten erhalten somit einen ungeheuer ernsten Anstrich, obwohl sie doch, bei aller Tragik, vor Naivität und geistiger Unreife nur so strotzen. Das ist brillant: der Zuhörer sieht sich auf diese Weise mit einer Weltsicht unweigerlich und auch unausweichlich konfrontiert, die seinen eigenen Maßstäben vollkommen entgleitet: der Vorleser bietet nämlich keinen Anker mehr, um die Geschichte aus der Entfernung ruhig zu „begutachten“.
Die Handlungen des Pfützentrinkers sind hierdurch oft unfreiwillig komisch, wenn der Humor auch rabenschwarz ist. Doch wie es bei dieser Thematik nun einmal so ist: das Lachen bleibt bitter im Halse stecken. Das wäre einerseits nichts Neues. Und man möchte sich daran gewöhnen.
Andererseits fällt hier etwas ins Auge: Der Pfützentrinker denkt erstaunlich logisch. Seine Handlungen, wenn sie nicht rein emotional motiviert sind, entspringen sauberen Schlußfolgerungen (wenn diese auch oft genug Trugschlüsse sind). Nur fehlt es seiner Logik am sozialen und vor allem ethischen Fundament. Er kann also einfach nichts anderes, als gerade so zu handeln, daß er damit nur Befremden und Entsetzen auslöst.
Und dieses Moment läßt das Lachen wiederum auf eine ganz andere Art gefrieren, denn hinter der Handlung scheinen fundamentale Fragen durch.
Stimmungsvolle Illustration
Die Lesung wird durch ihren Rahmen mehr zu einer Illustration als zu einer bloßen Darbietung. Die Geschichte wird nicht nur durch Andreas Hauffe nachgerade vorgeführt, sondern auch durch Jochen Vogel mit den Klängen einer irischen Harfe, einer Cláirseach, musikalisch unterlegt.
In den Kapitelpausen gibt es so jeweils eine aufgelockerte Phase, in der die Geschichte allerdings wirken kann. Hierdurch entsteht ein überaus stimmungsvolles Gesamtbild vom Leben des Pfützentrinkers, das die Zuhörer wechselseitig fesselt, ekelt, schockiert, amüsiert – und in jedem Falle außerordentlich gut unterhält.
Campus-web Bonn
Diabolische Worte und göttliche Klänge (Cellesche Zeitung 04.02.2009)
Diabolische Worte und göttliche Klänge
Zwischen Kloake und Groteske: Literarisch-musikalischer Abend “Ich kann jetzt auch Schweine” in Kunst & Bühne
Von Aneka Schult
CELLE. Sie kacken Haufen vors Haus, spucken gegen die Scheibe und pinkeln auf Äpfel - die Protagonisten von Andreas Hauffes “Pfützentrinker”, gelesen im Rahmen des Programms “Ich kann jetzt auch Schweine” in Kunst & Bühne. Allen voran der Titelheld. Dessen Mutter, Prostituierte, bezahlt beim schmierigen Vermieter mit horizontalen Künsten. Der Sohn wird Zeuge brutalster Existenz. Sein Gegengewicht ist Sadismus. Er quält den blöden Hubert, den “Doofen”, nach dem Verschwinden der Mutter Tante Gerda und am liebsten “quiekende Schweine”. Er übt sich als Schlachter, durchlebt alle Abgründe sexueller Triebe und so macht sein literarischer Vater, Hauffe, vor den abstoßendensten Perversionen nicht halt. Stichwort Leber.
Dieser bitter-tragikomische Plot, dessen Stärke aber in genau dieser bilderreichen, kompromisslosen Erzählmanier liegt, in der stakkatoartigen Detailfreude, die dem Abgrund nicht von der Seite weicht, stürzt den Zuhörer in ein Wechselbad der Gefühle. Verstärkt wird der Eindruck, allen Müll der Welt vom Autor vor die Füße gekippt zu bekommen, durch das Kontrastprogramm auf der Bühne. In wundervollen Tönen, keltischen bis indischen Klängen, jazzigen Impros, in zauberhaften Melodien, die auch mal an die Beatles und an Jane Birkins Skandalsong erinnern, entführt Jochen Vogel die Gäste auf der irischen Metallsaitenharfe Clairseach. Seit 200 Jahren ausgestorben, feiert sie zunehmend ihre Renaissance. Sinnlich. Schön. Göttliche Klänge hier, diabolische Bilder dort - ein spannendes Zwiegespräch.
Dass Hauffe, der gebürtige Salzgitteraner, Solokabarettist und Autor, mit Frau, zwei Katzen und Hund in einem gemütlichen Haus in der Nähe von Remagen wohnt, will man ob seiner knallharten Welt- und Liebesvergewaltigung kaum glauben. Doch hinter all der Gefühlskälte des Helden schwingen die Schicksalsfäden, gewebt aus Liebesentzug, Einsamkeit und Beziehungslosigkeit mit. Die einzige Liebesprojektion, Marie, ist unerreichbar. Das offene Ende wird mit Knast und Psychiatrie erkauft.
Die Welt in Hauffes Geschichte bewegt sich zwischen Kloake und Groteske, Hartherzigkeit und verletzter Seele. Beim Lieblingslied seiner Mutter - Hauffe spielt selbst Gitarre - muss sein Held fast weinen. “Ich sammle Enttäuschungen”, sagt eine Figur, “hütet euch vor Hinterher” eine andere. Die leisen Töne berühren. Und die weggelassenen.
Cellesche Zeitung 04.02.2009
Zum Psychopathen ist es nur noch ein kleienr Schritt (Hannoversche Allgemeine Zeitung 02.02.09)
Zum Psychopathen ist es nur noch ein kleienr Schritt
Tiefschwarzes von Andreas Hauffe im Horster Harlekin
Von Patricia Chadde
HORST. Er ist ein exakter Beobachter. Bereits die kleinste Regung im Gesicht seiner Tante verrät ihm, dass seine Mutter tot ist. Beinahe telepathisch wirken seine Fähigkeiten, doch Mitgefühl scheint ihm unmöglich. So haben seine Erkundungen einen manchmal absurden, mitunter auch erschreckend brutalen Charakter. Andreas Hauffe wagt sich mit seinem Text “Ich kann jetzt auch Schweine” in die Gedankenwelt eines Psychopathen und vermittelt, dass die Distanz zwischen “normal” und Killer sehr schmal sein kann.
Elegant gebaute Sätze mit gelungenen Pointen entführen die Besucher im Horster Harlekin in die verschobene Weltanschauung der Hauptfigur, in der sich harmlose Begebenheiten zu Katastrophe entwickeln.
“Die Story ist absurd, aber es kommt einem nicht so vor”, resümiert ein Zuhörer. Hauffes schwarzer Humor kommt beim Publikum an, das sich während der brillanten Stücke des Harfinisten Jochen Vogel zwischen den Kapiteln entspannen kann.
Hannoversche Allgemeine Zeitung 02.02.09
Reisen durch die Welt? Höchstens in Gedanken (ran)
Reisen durch die Welt? Höchstens in Gedanken!
"Hiergeblieben" heißt das Programm, mit dem der Remagener Kabarettist Andreas Hauffe sein Publikum im Talbahnhof von den Werten und Vorteilen des Nicht-Reisens Überzeugen will. Nach der Show auf nach Phuket. . .
ESCHWEILER. 60 Millionen Pauschalreisen jährlich, die 59 Milliarden Euro ins Ausland bringen. Das muss doch nicht sein. Findet zumindest Andreas Hauffe. Der Kabarettist aus Remagen gastierte im Talbahnhof, um auch die Indestädter zu überzeugen, dass es zu Hause doch am schönsten ist (...) So berichtet Andreas Hauffe aus eigener Erfahrung, dass die Erkundung des "Ahrwanderweges" ein wahrlich erhebendes Erlebnis sei. "Außer uns (seiner Frau und ihm) waren noch tausende andere Menschen da", blickt er zurück. Und erinnert sich, auch noch eine völlig neue Sportart kennengelernt zu haben: Gehen ohne Stöcke. "Am Anfang etwas schwierig, doch man gewöhnt sich daran", so sein Urteil. Und dies sei doch um vieles besser, als in der Weltgeschichte umherzureisen, nur um beim Bustransfer vom Flughafen zum endgültigen Bestimmungsort Todesangst vor dem Sturz in die nächste Schlucht zu verspüren.
Um das Reisen gänzlich aufzugeben, müsse allerdings das ganze Buch gelesen werden. Und die CD, die im Umschlag stecke, gehört. Auf dieser hat Andreas Hauffe sein musikalisches Talent in die Waagschale geworfen und einen nach eigenem Bekunden wahren Ohrwurm verewigt. Dieser heißt überraschenderweise "Hiergeblieben" und ist Teil eines "genialen Verkaufskonzepts", wie der 53-Jährige in aller Bescheidenheit betont.
Die einzigen Fernreisen, die Andreas Hauffe akzeptiert beziehungsweise akzeptierte, sind die Gedankenreisen seines verstorbenen Großvaters Hanns (mit zwei n). Diesem gelang es durch reine Vorstellungskraft, sich zu den Indianern Amerikas, den Schönheiten Haitis oder nach Bielefeld zu Tante Rosie zu begeben. Der Besuch von Tristan und Isolde in Oslo sei allerdings keine Reise wert gewesen, bemängelte Opa Hanns.
In eigener Sache gibt es für Andreas Hauffe nur eine Ausnahme. Wenn sein Verleger ihn auf Kosten des Verlags ins thailändische Phuket einlädt. Natürlich geschäftlich, nicht zum Urlaub. Dann muss auch schon einmal die Zugabe ausfallen. "Das Flugzeug wartet schließlich nicht", so die einleuchtende Begründung des dann doch nicht Hiergebliebenen. (ran)
Darum ist es daheim so schön (Göttinger Tageblatt 15. 09. 2008)
Darum ist es daheim so schön
Kabarett im Apex: Andreas Hauffes “Reiseverhinderungsprogramm”
von Gero Franitza
Fragwürdige Billigflieger, siuzidale Busfahrer am Urlaubsort, der frühmorgendliche Kampf um den besten Platz am Pool, die Großbaustelle vor dem heruntergekommenen Hotelzimmer, endlose Staus auf der Autobahn oder der Urlaubsflirt der Ehefrau - alles gute Gründe daheim zu bleiben. Sagt und singt Andreas Hauffe. Der Kabarettist, Musiker und Schriftsteller aus Remagen gastierte am Sonnabend mit seinem Programm “Hiergeblieben - Das Reiseverhinderungs- programm” in der Göttinger Galerie Apex. Unter anderem mit hübschen kleinen Liedern, aber auch zuweilen drastischen Schilderungen, macht Hauffe die Lust an der Urlaubsreise madig.
Keine Frage: Warum in die Ferne schweifen, wenn dort Tod, Not und Entbehrung lauern? Doch sind es nicht die großen Brüller, sondern die kleinen, liebevoll platzierten Seitenhiebe, die das Programm des Kabarettisten so unterhaltsam machen: Als Dörfler mit Schriftsteller-Ambitionen tritt Hauffe auf und gibt voller Unschuld die als Gemeinheiten maskierten Beschreibungen einer Realität zum Besten, die wohl die allermeisten schon einmal durchlitten haben. Auch vergisst Hauffe nicht, dann und wann politisch zu werden, angemessen sarkastisch (Haustiere vor Reiseantritt entsorgen) oder komisch (Gehen ohne Stöcke - für viele eine Herausforderung). Oder gar poetisch: Etwa wenn er er von seinem Opa Hanns erzählt, der die schöne Fähigkeit besaß, Gedankenreisen zu unternehmen, um dem Alltag zu entfliehen; oder den erlebten Kriegsgräuel.
Ein feiner kleiner, vor allem aber entspannender Abend, der schneller um ist, als es einem die Uhr weismachen will. Und den das Publikum mit viel dankbarem Applaus quittierte.
Göttinger Tageblatt 15. 09. 2008
Kabarettist Hauffe kann auch ernst sein (Aachener Nachrichten, 26.07.08)
Kabarettist Hauffe kann auch ernst sein
Der Autor präsentierte bei der “Leselust” sein Programm “Ich kann jetzt auch Schweine” und las aus seinem Roman “Der Pfützentrinker”
Aachen. Der Abendhimmel blitzt durch das grüne Blätterdach des großen Ahorns auf dem Lousberg , unter dessen Schutz sich rund 70 Literaturfreunde einen Platz auf Stühlen, Kissen und Decken gesucht haben.
Wieder ist die vom Literaturbüro der Euregio Maas-Rhein veranstaltete «Leselust» angesagt und alle warten auf den Vorleser des Abends und dessen Programm «Ich kann jetzt auch Schweine».
Andreas Hauffe schiebt sich unauffällig, fast bescheiden hinter das kleine Tischchen, rückt die Lesebrille zurecht und freut sich über die zahlreich erschiene Zuhörerschaft am lauen Sommerabend. Er schreibt nicht nur Bücher für Kinder und Erwachsene, der 53- jährige gebürtige Salzgitteraner verdient seinen Lebensunterhalt auch als Kabarettist und Fernsehautor und wohnt nach eigenen Angaben mit seiner Frau, einem Hund und zwei Katzen in einem Haus auf einem Berg in Remagen.
Beschaulich und gemütlich hört sich das an, nach langen Abenden am Kamin, die Katze auf dem Schoß, doch das was unterm Ahorn zu hören ist, klingt ganz und gar nicht nach heimeligen Stunden am Kamin.
Hauffe liest aus seinem noch unvollendeten Roman mit dem Arbeitstitel «Der Pfützentrinker», der Geschichte eines Jungen ohne soziale Bindungen, einer, der auch als Erwachsener nie die Chance bekam richtig erwachsen zu werden. «,Der Pfützentrinker´ ist eigentlich aus einer Kurzgeschichte entstanden, die ich vor Jahren geschrieben habe und die mir bei neuerlichem Lesen als perfekter Schluss für einen Roman erschien», erzählt der Autor.
Schon die ersten Sätze lassen aufhorchen: Da ist von einem Jungen die Rede, dessen Mutter sich als Prostituierte den Lebensunterhalt verdient und sich auf diese Weise auch schon mal einen Monat Wohnen vom ekligen Vermieter erkauft. Zeuge all dessen ist der, zum Zeitpunkt des Handlungsbeginns, neunjährige Junge, ihr Sohn.
Er ist die Stimme im Roman, das Auge, durch das die Leser die Stationen dieses tragikomischen Lebens wahrnimmt. Anfänglich bahnt sich Gelächter Einzelner aus der Zuhörerschaft den Weg bis in die vorderen Reihen der Plastikbestuhlung, doch entweder haben die Lacher die Veranstaltung vorzeitig verlassen, oder begriffen, dass da keine Komödie vorgetragen wird.
In stakkatoartigen Sätzen knallt die Lebensgeschichte des Pfützentrinkers auf die Zuhörerschaft nieder, innerer Monolog wechselt mit knapper situativer Beschreibung, Tragik mit Komik und dann gibt es doch wieder was zu lachen. Etwa die Geschichte, mit dem Vibrator, den der Junge seiner Tante zum Geburtstag schenkt, weil die nichts zum Hinstellen haben will, und der dann vom Hund aus dem Versteck wieder brav hervorgeholt und der armen Tante im Kreise ihrer Besucherschaft apportiert wird.
Oder die Metzgergeschichte, aus der der Titel des Programms mit den Schweinen stammt. Dann ist da noch die Sache mit der Leber. Parallelen zum französisch - kanadischen Film «Leolo» von Jean-Claude de Lazon sind dabei unübersehbar und der Autor macht kein Hehl aus dessen inspirierender Wirkung, die er auch auf seinen Helden überträgt.
«Man erfährt viel durch Weglassen», sagt der Autor, dementsprechend verzichtet Hauffe auf lange Beschreibungen oder Psychologisierungen von Situationen und Personen und vertraut dabei auf das Zu-Ende-Denken seiner Zuhörer- und späteren Leserschaft. Das mache aber auch das Schreiben sehr anstrengend, bekennt der Autor.
Für die Literaturfreunde, die dem Autor mit viel Applaus dankten, geriet diese Lesung jedenfalls zu einem Wechselbad der Gefühle.
Aachener Nachrichten, 26.07.08
Der Tod kommt, wenn man ihn nicht braucht (Nürnberger Nachrichten, März 2008)
Der Tod kommt, wenn man ihn nicht braucht
Kabarettist Andreas Hauffe zeigt: Sterben muss kein ernstes Thema sein
ALTDORF - Liegt der Bauer tot im Zimmer -lebt er nimmer. Ganz im Stil einschlägiger Kalauer beginnt Kabarettist Andreas Hauffe sein Programm im Altdorfer Leibniz-Gymnasium.
Wer nun aber einen Abend voller oberflächlicher Lächerlichkeit fürchtet, sieht sich bald auf angenehme Artüberrascht."Haben Sie schon Ihr Testament gemacht?", fragt er. In der fast ausverkauften Mensa des Altdorfer Leibniz-Gymnasiums sind jene, die dies bejahen, in der Unterzahl - wie immer. "Der Deutsche ist im tiefsten Inneren von seiner Unsterblichkeit überzeugt", sagt Hauffe. Er beschimpft den Tod, er beschreibt ihn öffentlich, und er besingt ihn: "Der Tod ist ein Charakterschwein, der sucht seinesgleichen, was muss das für'n Charakter sein, geht ständig über Leichen." Die leichte und beschwingte Melodie verdrängt sofort das Schaudern, aber dann holt Hauffe sein Publikum gleich wieder auf den wackeligen (Bühnen-)Boden.
Kurz vor Schluss wird es richtig ernst: Hauffe stimmt ein Lied für eine in jungen Jahren verstorbene Freundin an. "Da gehen manche Menschen ein bisschen geknickt raus und sind dankbar, dass bei dem Thema nicht nur rumgekaspert wird", sagt er.
Nürnberger Nachrichten, März 2008
Kabarett mit ungewöhnlichem Tiefgang (Generalanzeiger Bonn, November 2007)
Kabarett mit ungewöhnlichem Tiefgang
Andreas Hauffe brilliert auf der Bühne der Remagener Kulturwerkstatt
Der Künstler kommt hart am Rande des Schwarzen Humors daher
REMAGEN. KreuTzweise heißt das Programm, das der Remagener Kabarettist Andreas Hauffe in der Remagener Kuturwerkstatt vorstellte. Mit dem Tod setzte sich Hauffe in Remagen auseinander, für einen Kabarettisten ein seltenes Begehren. Hart am Rande des Schwarzen Humors kam Hauffe daher, wenn er die Beziehung der Politiker zum Freitod aufs Korn nahm. Der deutsche Politiker bringt sich nicht gerne um - eigentlich schade.Von unglaublicher Ehrlichkeit und Genauigkeit allerdings waren seine Dichter- und Denkerzitate. So Einstein: Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit - beim Universum bin ich mir aber nicht so sicher. Gekonnt lockerte der Kabarettist sine nicht immer leichte Kost mit musikalischer Würze auf. Hauffe spielte gelassen mit dem so schwierigen Thema, führte den Kabarettfreund aber grundsätzlich an die Vielfalt der Sprache heran und scheute auch nicht vor dem Besonderen zurück. Wenn er zum Beispiel das Beamtendeutsch und dessen tiefgängige Logik bemühte: “Stirbt ein Bediensteter währennd einer Dienstreise, so ist die Dienstreise damit beendet.
Generalanzeiger Bonn, November 2007
Mit politischem Rundumschlag ( Der Bote 2007)
Mit politischem Rundumschlag
Plädiert fürs Daheimbleiben: Kabarettist Andreas Hauffe
ALTDORF – Der Kabarettist Andreas Hauffe gastierte vergangenen Mittwoch mit seinem Reiseverhinderungprogramm „Hiergeblieben!“ im Leibniz-Gymnasium. Auf Einladung engagierter Lehrer und der Freundes des Gymnasiums erläuterte der in Bonn verwurzelte Kabarettist zahlreiche Gründe für den Heimaturlaub, dem, um bundesrepublikanische Kassen zu füllen, in Zukunft der Vortritt gewährt werden solle. Auf der Bühne Präsenz und Plastizität des verkörperten Charakters beweisend, spielte Hauffe den Schriftsteller Hauffe, kurz sich selbst, in freudiger Erwartung auf seinen zukünftigen Verleger. Im szenisch dargestellten Telefongespräch mit seiner Angetrauten war sich der abgeklärte Schreiberling nicht zu schade, auf die Frage ob Menschen in Bayern „anders“ aussehen einzugehen und diese zur Zufriedenheit des anwesenden Publikums zu beantworten. Auf der gut ausgeleuchteten aber spärlich bestückten Bühne genügten dem Rheinländer Bistrotisch, Gitarre und ein bis an den Rand gefülltes Rotweinglas als Requisiten. An den Bistrotisch gelümmelt monologisierte Hauffe als Hauffe über das Verreisen im 21. Jahrhundert ohne auf einen politischen Rundumschlag zu verzichten. Kanzlerin Angela Merkel fand einen Platz im Programm des Kabarettisten, als er sich in überzeugend ironischer Manier über seine neuerdings „so herrisch“ gewordene Gattin beklagte, die ihn, um ihm ein seriöses Auftreten als Schriftsteller zu ermöglichen, mit allerlei intellektuell anmutenden Accessoires ausstattete. Im Bewusstsein um die derzeitige Situation der deutschen Literaturlandschaft verzichtete der Bonner auf einen dem „Blechtrommler“ Günther Grass ähnlichen Schnauzer, verpasste aber die Gelegenheit, eine an Bert Brecht angelehnte Arbeitermütze zu tragen, nicht. Ganz den neuerdings oktroyierten Zwängen des Literatendaseins gerecht werdend, stand Rotwein im Mittelpunkt, wurde vom Literaten jedoch auf sein trauriges Requisitendasein reduziert, verschmäht und prompt auf die Spesenrechnung des erwarteten Verlegers gesetzt. Hauffe gelang esspielerisch, das anwesende Publikum mit Zuhilfenahme der Gitarre für seine eigentliche Absicht, die dem Titel des gleichnamigen Buches „Hiergeblieben“ zu entnehmen ist, zu begeistern. „Wir bleiben hier, hier ist es schön / Wir müssen nicht auf Reisen gehen, / Wir wollen Fernsehen Tag und Nacht / Bis wir um den Verstand gebracht“ sang Hauffe zur Verdeutlichung der politisch korrekten deutschen Reisementalität. Warum im Zeitalter von Tsunamis, insolvenzanmeldenen Reiseveranstaltern, internationalem Terrorismus, Flugzeugabstürzen oder gar Sextourismus, um nur die überzeugendsten Gegenargumente Hauffes zu nennen, die Grenzen des angestammten Heimatlandes verlassen? Als Lösung aller wirtschaftlicher Probleme bleibt uns Deutschen somit nur noch der Heimaturlaub, ganz im Sinne von Hauffes Sentenz „Statt nicht mehr rauchen, nicht mehr reisen!“, um das Kapital innerhalb der Grenzen unserer vielfältigen und wunderschönen Nation „einzufrieren“. Realistisch betrachtet könne das Volk der Dichter und Denker, das mit Hauffes Werk die passende gewissensberuhigende literarische Vorlage fand, jedoch nur durch eingängige Propaganda für den Balkonienurlaub gewonnen werden, propagierte der Bonner Kabarettist. Unterstützt von Merchandisekampagnen solle sein Werk die „Reiseroute“ über inländische Buchhandlungen in die häuslichen Regale nehmen, ereiferte sich Entertainer Hauffe, der werbewirksamen Socken den Vortritt vor CDs gewährt. Die Freunde des Leibniz luden mit Hauffe einen brillanten, dem trockenen rheinischen Humor frönenden Spaßmacher ein.
Der Bote 2007
Schöner Reisen mit A. Hauffe (Kölnische Rundschau, 2006)
Schöner Reisen mit A. Hauffe
Sein Reiseverhinderungsprogramm stellte der Kabarettist im Walzwerk vor
von DIETER WOLF
PULHEIM. Andreas Hauffe meint es durchaus gut mit der deutschen Bevölkerung. Er möchte seine Landsleute vor allem vor unnötigen Urlaubsreisen bewahren. Das Geld soll im Lande bleiben. Außerdem: Allerorten drohen den deutschen Reisenden Gefahren. Tsunami, Hurrikans, Verkehrsunfälle, Flugzeugkatastrophen oder terroristische Anschläge fordern unzählige Menschenleben.
„Doch trotz intensiver Bemühungen diverser Terrororganisationen ist die Reiselust der. Deutschen ungebrochen", sagt er. In „Hiergeblieben! - Das Reiseverhinderungsprogramm" geht Kabarettist Andreas Hauffe in die Vollen, doch wohl wissend, dass es zwecklos ist, dieses Land zu retten.
Nicht zimperlich ist Hauffe dabei in der Wahl seiner Argumente, den Deutschen die Reiselust zu vermiesen. Genüsslich schilderte er deshalb detailliert Auffahrunfälle und Flugzeugabstürze. Doch ob es dem Kabarettisten wenigstens am letzten Freitagabend bei seinem Premiereprogramm im „Theater im Walzwerk" gelungen ist, scheint indes mehr fraglich.
Dennoch hatten die Zuschauer ihren Spaß. Gelacht wurde viel und heftig. Zwischenrufe aus dem Publikum waren nicht selten. Zu komisch waren die kleinen Attacken gegen die Verschwendung von jährlich 59 Milliarden Euro für Reisen. Selbst das mysteriöse Verschwinden von 30 000 Koffern pro Jahr wirke nicht abschreckend, beklagte Hauffe.
Roter Faden im „Reiseverhinderungsprogramm" war Hauffes inszeniertes Warten auf seinen Verleger, der sein Buch veröffentlichen wollte. Ihm zuliebe trank der Biertrinker Hauffe sogar Rotwein. „Alle Schriftsteller trinken Rotwein, sagt meine Frau." Und weil das Warten andauerte, vertrieb er sich die Zeit damit, dem Publikum schon mal ein paar Kapitel aus seinem Buch zu gönnen.
Dabei ging es meist nur mittelbar ums Verreisen. Anekdoten über „Opa Hanns mit zwei N", über das Aussetzen von Haustieren und Kleinkindern, über die Stadt Bielefeld und über Musik hinderten Hauffe nicht, immer wieder um ein paar Ecken zurück zu seinem geliebten Reisethema zu finden. So las er über die Liebe zur seiner Spülmaschine und bekannte, dass er sie sogar mit in seinen Urlaub nach Mallorca nehme. Dazu gab er noch selbstverfasste, meist schlüpfrige Limericks zum besten.
Apropos Musik: Hauffe sang auch, und das nicht wenig. „Wir bleiben hier und gucken fern" war eines seiner „Ohrwürmer", wie er sie nannte. In ihnen reimte Andreas Hauffe auch die Hoffnung, dass vielleicht immer mehr Menschen im Lande bleiben, auch notgedrungen: „Danke für Hartz VI, wir bleiben hier und gucken nur fern."
Kölnische Rundschau, 2006
Die Last mit der Reiselust (Kölner Stadt-Anzeiger, 2006)
Die Last mit der Reiselust
Unterhaltsamer Abend im Walzwerk
Mit teils makaberen Anekdoten versucht der Kabarettist Andreas Hauffe, sein Publikum von Urlaubsreisen abzuhalten.
VON BRITTA HAVLICEK
Pulheim - Mit gehetztem Blick kam Andreas Hauffe auf die Bühne. Der Remagener Kabarettist gastierte am Freitagabend mit seinem neuen Programm „Hiergeblieben!" im Walzwerk. Als Hobbyschriftsteller wartete er dort auf einen Verleger und gab Kostproben seines Schreibens - natürlich nicht ohne immer wieder abzuschweifen.
Keim aller Probleme
Sein Manuskript und damit auch sein Groll richteten sich gegen die Millionen Deutschen, die jährlich, wie Hauffe mit entrüstetem Gesichtsausdruck berichtete, „59 Milliarden Euro im Ausland lassen. Ja, sind die denn bekloppt?!" Mit der Reiselust der Deutschen hat Hauffe auch den Keim sämtlicher Probleme im Land herausgefunden: „Wenn die alle mal zwei Jahre lang zu Hause bleiben würden, dann würde jetzt nicht die Mehrwertsteuer erhöht."
Verreisen bedeutet ausschließlich Stress, und der fängt schon beim Versorgen der Haustiere an. „Kanarienvögel kann man ja einfach fliegen lassen, Goldfische das Klo runterspülen", behauptete Hauffe. Aber wenn man Katzen oder Hunde auf Rastplätzen aussetzt und nicht richtig anbindet, „dann kann man Pech haben, dass sie sich losreißen. Dann hat man bei der nächsten Reise dasselbe Problem."
Wie sich ein Passagier fühlt, dessen Flugzeug abstürzt oder der in einem türkischen Transferbus ohne Bremsen sitzt, stellte Hauffe zum Vergnügen der Zuschauer sehr anschaulich dar. Und andere Katastrophen ließ er als Abschreckungsmittel nicht aus: „Tsunami, Hurrikans, ganze Terroristengruppen, die in Hochhäuser fliegen..."
Makaber, ironisch und mit einer gehörigen Portion Augenzwinkern setzte sich der Comedian in Szene. Und dann griff er zur Gitarre und forderte singend die Zuschauer auf: „Hiergeblieben und nicht rumgetrieben!"
Ein besonderes Schmankerl waren die Limericks, die Hauffe mit Städtenamen kreierte - als vermeintlicher Beifahrer in einem Auto, das eine Frau in Schneckentempo bewegt. „Ein Kannibale aus Essen/ behandelt seine Frau angemessen:/ in der Wanne ertränkt,/ in der Pfanne geschwenkt/ - und schon ist die Sache gegessen!"
Ob Hauffe sein Pulheimer Publikum tatsächlich davon überzeugen konnte, nie wieder ins Ausland zu verreisen und daheim zu bleiben, ist zu bezweifeln. Tatsache ist aber, dass er es mit seinem Humor und seinem witzig-charmanten Auftreten schaffte, das Publikum über eineinhalb Stunden mit einer äußerst lustigen und unterhaltsamen Show auf Trab zu halten.
Kölner Stadt-Anzeiger, 2006
Lachen über den Tod (Hospiz Dienst Wuppertal)
Lachen über den Tod
Am 18. Mai durften wir einen wunderbaren Abend im Rex-Theater mit dem Kabarettisten Andreas Hauffe erleben: „KreuTweise zum Tod lachen“. Wunderbar, weil wir Zuschauer die Möglichkeit hatten, befreit zu lachen., trotz des Themas, um das sich alles drehte, trotz des Todes. Welch skurrilen Einfälle! Und welch skurrilen Beispiele aus Anleitungen und Vorschriften: eine Verhaltensanleitung für den Fall, dass sich eine Anakonda daran macht, Sie zu verspeisen. Oder der Hinweis einer aus einer Dienstanleitung, dass „der Tod die stärkste Form der Dienstunfähigkeit“ sei. Dann die Aufzählung von Selbstmordmotiven, vor allem das Motiv Alltagswahnsinn (weil der Margarinedeckel immer aufs Gesicht fällt). Und daneben in beeindruckender leiser Poesie der Grund eines Selbstmordgetriebenen, doch alle seine Lieben zu überleben: sein Gewissen hält ihn ab. Diese leise Poesie, auch in einem Brief an die geliebte Frau, viel zu jung gestorben, zeigte die andere Seite des Abends auf: Wir müssen dem Tod auch Respekt zollen! Dieser Abend war eine Wohltat für das Zwerchfell und für die Seele!
Hospiz Dienst Wuppertal
Hauffe hält Plädoyer fürs Daheimbleiben (Leine-Zeitung)
Hauffe hält Plädoyer fürs Daheimbleiben
Kabarettist kuriert Fernweh jeglicher Art im Horster Harlekin
Von Heiko Lossie, ‘Leine-Zeitung'
HORST. Arges Fernweh? Ungezügelte Reiselust? Pathologisches Blättern im Reisekatalog? Syptome dieser Art hat Kabarettist Andreas Hauffe am Sonnabend im ausverkauften Harlekin erfolgreich bekämpft. Einzige Nebenwirkung: stark schmerzende Lachmuskeln.
Hauffes Programm „Hiergeblieben“ war ein Plädoyer fürs Nicht-Verreisen. Denn Urlaub ist schrecklich. Die unentwegt quengelnden Gören auf der Rückbank ersticken alle elterlichen Gefühle. Es wird ans Aussetzen gedacht. Ist auch die Ehefrau dabei, wird es noch schlimmer. Fährt sie nämlich, überholen einen sogar die Wanderbaustellen. Aussetzen wie bei den Kindern helfe da nicht, meint Hauffe und präsentierte die Lösung in Gedichtform: „Ein Kannibale aus Essen, behandelt seine Frau angemessen, in der Wanne ertränkt, in der Pfanne geschwenkt, und schon ist die Sache gegessen.“
Sein Publikum kam an Stellen wie dieser aus dem Lachen nicht mehr heraus. Und da Flugzeuge abstürzen, Schiffe sinken und Züge entgleisen, hilft halt nur eines: Daheim bleiben.
Lakonischer Meisterschütze (HNA)
Lakonischer Meisterschütze
Kabarettist Andreas Hauffe im Theaterstübchen
Von Andreas Köthe
Kassel. Eigentlich ist das ja wirklich eine gute Idee: Alle Deutschen verbringen ihre Ferien im Innland und pumpen so ihr Urlaubsbudget in die eigene Infrastruktur. Eine Art kultureller Sozialdienst, Auslandsreiseverbot im Fünfjahresturnus. Im Theaterstübchen konzentrierte sich der Kabarettist Andreas Hauffe bei seinem Soloprogramm „Hiergeblieben“ allerdings mehr auf die touristischen Kampfzonen in der Ferne. „Haben wir einen Sextouristen im Publikum?“
Er ist ein Gourmet des brutalen Charmes. Was sich bei Sabine Christiansen anhört wie der Weltuntergang, klingt bei ihm so entspannt wie eine Kaffeewerbung. Eigentlich wartet er ja nur im Restaurant auf seinen Verleger, mit dem er sich über sein Buch zum Thema Reisen austauschen möchte. „Aus der Haut fahren“ oder „In sich gehen“ zählt für ihn genauso dazu wie die Technik der Gedankenreisen, der Flucht vor der quälenden Erinnerung. Diese beherrschte sein Opa Hanns perfekt. Täglich ktapultierte der sich in seiner Fantasie an einen karibischen Strand oder eine Theateraufführung und verdrängte so seine monströsen Kriegserlebnisse.
Hauffe setzt nicht auf den Knalleffekt. Behutsam baut er an seinen Formulierungen und weiß auch bei Songs zur Gitarre zu überzeugen. Ein lakonischer Meisterschütze der subtilen Pointe.
HNA
Wenn Opa Hans innerlich verreist (Cellesche Zeitung)
Wenn Opa Hans innerlich verreist
Andreas Hauffe präsentiert durchwachsenes Solo-Programm „Hiergeblieben”
CELLE. Da sitzt er, der Mann, dem die Gattin noch schnell mit dem feucht gespuckten Taschentuchzipfel die Mundwinkel gesäubert hat, und wartet. Wartet auf den potenziellen Verleger seines Reiseverhinderungsbuches. Wartet ein bisschen auf „Godot“. Denn, was Andreas Hauffe nicht weiß: der Verleger ist in Thailand, tourt durchs Ausland, wie die 60 Millionen deutschen Pauschalurlauber, die 59 Milliarden Euro im Jahr in Kerosin und durchhängende Hotelbetten stecken und auch nicht vor tödlichen „Direktflügen“, Tsunamis, Terroranschlägen oder Schiffsunglücken zurückschrecken. So reist der Deutsche nicht nur fürs Leben gern, sondern auch für den Tod.
Diesen nahm Hauffe in seinem Solo-Programm „Hiergeblieben“ in Kunst & Bühne am Sonnabend vermehrt auf die Schippe, war nicht zimperlich mit jenen, denen es nicht mehr gelang, in wilden Urlaubsabenteuern noch rechtzeitig von derselben zu springen.
Dass man die Schmähreden und -lieder von Hauffe auf den Sensemann auch anders interpretieren kann, nämlich als lächerlich ernsten Umgang mit dem „Charakterschwein“, das „ständig über Leichen geht“, zeigt sich besonders dort, wo die Schattenseite des trocken-sarkastischen Humors, nämlich die emotionale, menschliche Ergriffenheit ans Lichte trat. Das wiederum geschah, wenn der gebürtige Salzgitteraner und Wahlkölner von „Opa Hans“ erzählte. Der sei ständig innerlich verreist, hatte Gedankenreisen unternommen, um „Urlaub von seinen Erinnerungen zu nehmen“.
Hauffe äußerst sympathisch. Irgendwie echt. Mitten aus dem Leben. Mit den Arbeitslosen sitzt er solidarisch vor der Glotze. Ansonsten singen diese Hiergebliebenen Liedchen. Danken für Hartz IV und bleiben hier.
Wusste man Hauffe als Zuschauer anfangs überhaupt nicht zu nehmen, war der kabarettistisch bereiste Erdball doch am Ende kugelrund.
Aneka Schult, Cellesche Zeitung
Tod ist ein Charakterschwein (Peiner Allgemeine Zeitung vom 25.11.05)
Tod ist ein Charakterschwein
D. L.
Andreas Hauffe im Meerdorfer teatr dach: Lachen über ein Tabu-Thema
Da hat sich das Teatr Dach in Meerdorf etwas getraut. Ausgerechnet in den Zeiten des Flachsinns und des Comedybooms lud es zum Thema Tod. Der gebürtige Salzgitteraner und Wahlkölner Andreas Hauffe trat mit seinem Soloprogramm „KreuTzweise zum Tod lachen“ auf.
Kann das gut gehen? Wer will so etwas sehen? Wird sich mach einer gefragt haben. Doch Bedarf scheint es zu geben, denn das Teatr Dach ist an diesem nebeligen Novembertag ausverkauft. Und alles geht gut. Denn der Mann im dunklen Anzug und den roten Schuhen weiß was er tut.
Nach einem kurzen witzigem Statement zur neuen Kanzlerin kommt er auch schon auf den Punkt. „Ich persönlich habe mich für das Sterben nie so interessiert“, lautet der eröffnende Satz auf dem alles Kommende aufbaut. Da greift eins ins andere, scheinbar mühelos und mit spielerischer Leichtigkeit konfrontiert Hauffe sein Publikum mit dem unbehaglichen Thema. Und siehe da, man kann über den Tod lachen.
Denn: „Der Tod ist ein Charakterschwein / der sucht seinesgleichen / was muss das für’n Charakter sein / geht ständig über Leichen / la la la Leichen.“
Und die Leichen liegen nicht nur in den Kellern der privaten TV-Sender sondern auch in den Beamtenstuben, in den Supermärkten und natürlich auf dem Wiener Zentralfriedhof, wo Hauffe eine Grabinschrift entdeckte, die in Deutschland wohl undenkbar ist: „Hier lieg ich nun und bin am verwesen / wie du da stehst bin auch ich einst gewesen / drum knie nieder und bete für mich / dann leg ich ein gutes Wort ein für dich.“
Auch der amerikanische Präsident bekam einen Seitenhieb: „Reinkarnation ist Ihnen ein Begriff? Aus einem Busch wird ein Präsident“. Und dieser Präsident, vermutet Hauffe, hat weniger Verstand als ein Pferd. Das heißt, wäre Bush ein Pferd, müsste man es erschießen. Der Vorteil: dem Mann würde endlich mal was vernünftiges durch den Kopf gehen.
So hart geht es jedoch selten zu an diesem Abend, der sich zu einem Wechselbad der Gefühle entwickelt. Da wird geschmunzelt, gelacht, geschluckt und manch einer drückt sich eine Träne weg, als es im zweiten Teil in die Tiefe geht. Ein kurzer Prosatext, den Hauffe einer verstorbenen Freundin widmet rundet den Abend auf wohltuende Weise ab.
„KreuTzweise zum Tod lachen“ ist ein gelungener Mix aus Kabarett, Comedy und Liedermacherei, denn seine Gitarre hat Hauffe auch mitgebracht. Es gelingt ihm, den Tod der Lächerlichkeit preiszugeben ohne dabei den nötigen Respekt zu verlieren. Und das Publikum dankt es ihm mit langem Applaus und fordert energisch eine Zugabe. Hauffe verabschiedet sich mit Schopenhauers Worten: „Wenn es so weit ist, sterben Sie nicht sondern hören einfach nur auf zu leben. Am besten sitzend und nach dem Essen“.
Peiner Allgemeine Zeitung vom 25.11.05
Reiselust gründlich verdorben (Rhein-Sieg-Rundschau)
Reiselust gründlich verdorben
von Adele W. Wischner
Siegburg. „Sehe ich so aus wie ein Schriftsteller?“, fragt der kleine Herr, der sich sichtlich nervös ein dickes Manuskript in den Händen, an einen Tisch im Alten Nordbahnhof setzt. Er muss so aussehen, denn er hat das ultimative Reiseverhinderungsbuch „Hiergeblieben“ geschrieben, mit dem er die deutsche Wirtschaft ankurbeln will. Wenn alle das Reisen ins Ausland aufgäben und ihr Geld hier ausgäben, wären die Probleme doch gelöst. Jetzt wartet er auf den Verleger.
Das hat etwas von Samuel Becketts vergeblichem „Warten auf Godot“, denn auch der ersehnte Verleger kommt nicht. Und während er wartet und wartet, serviert der Kabarettist Andreas Hauffe bei einem Glas Rotwein, den er eigentlich nicht mag, aber bestellt, weil Schriftsteller eben Rotwein trinken, in seinem zweiten Programm „Hiergeblieben“ kurzweilige Boshaftigkeiten über seine Mitmenschen und Politiker. Dabei erweist er sich auch als staubtrockener Meister der abgebrochenen Gedankenstränge, so bei den Verdächtigungen gegenüber alleinstehenden Männern, die nach Thailand fahren, oder wenn er von der problematischen Entsorgung von Haustieren spricht, bevor man auf Reisen geht. Und er singt, was auch nicht versöhnlich stimmt, obwohl Hauffe mit lockerer Stimme als Rock-Sänger durchgehen könnte. Doch er singt von Arbeitslosen, die sich in Zeiten von Hartz IV lieber die zweite Welt in der Glotze ansehen, dem Tod der als Charakterschwein die Leute bei Überschall oder in entgleisenden Zügen sterben lässt, von Terroristen in der Südsee und Naturkatastrophen im Urlaub.
Fragt sich, wer nach diesem bissigen Programm noch Lust hatte, eine Fernreise anzutreten? Bereits zum zweiten Mal testete Hauffe ein aktuelles Soloprogramm vor kleinem Publikum im Nordbahnhof, dem Wohnhaus von Anne Jungck-Preussker.
Das Programm basiert auf einem tatsächlichen Buch, das aber nie erschien, weil der Verleger pleite ging. Aber wie der Film zum Buch, erscheint vielleicht doch noch das Buch zum Programm.
Rhein-Sieg-Rundschau
Auch der Tod ist zum Lachen (WELT am 14.11. 2004)
Auch der Tod ist zum Lachen
Hans Hoff in der WELT vom 14.11. 2004
Der Tod ist ein Idiot. Er kommt immer, wenn man ihn am wenigstens
braucht. In den seltensten Fällen meldet er sich an, meist ist er
plötzlich da und erwischt so manchen mit herabgelassenen Hosen. Am
Stau-Ende taucht er so völlig unvermittelt auf wie die Kolonne der
stehenden Autos vor dem übermüdeten Lkw-Fahrer. Auch in der Küche ist
er gerne zu Gast, wo Menschen, die nur mal eben eine Glühlampe
auswechseln wollten und dabei versehentlich das eigene Lebenslicht
erwischten, von wackeligen Stehleitern direkt in seine Arme fallen.
Am schönsten ist der Tod noch für jene, die er holt, weil die ihn
nicht mehr erleben müssen. Für alle anderen ist der Tod ein
unangenehmer Typ, einer, den man nicht hassen mag, weil man sich dazu
ja mit ihm beschäftigen müßte. Nein, man ignoriert ihn und erklärt
sich selbst für unsterblich.
Das klappt, solange man jung ist, aber irgendwann stirbt ein Mensch,
den man kannte, mochte oder sogar liebte. Plötzlich ist er fort, und
es war dieser blöde Tod, der ihn geholt hat.
So erging es auch Andreas Hauffe. Vor zehn Jahren starb seine Mutter,
und dann waren da auch noch ein paar Freunde, die plötzlich nicht
mehr waren. Auf einmal hatte sich der Tod einen Platz im Leben des
Kölners erobert. Und als Hauffe dann beim Zappen auch noch über ein
paar Fernsehbeiträge zum Thema Sterben stolperte, funktionierte das
mit dem Ignorieren überhaupt nicht mehr. Seitdem steht der 49jährige
mit dem Tod auf kreativem Kriegsfuß. Er beschimpft ihn lauthals, er
beschreibt ihn öffentlich, und er bringt Menschen dazu, über den Tod
zu lachen. Andreas Hauffe ist Kabarettist.
"Kreu(t)zweise" heißt sein Programm, das den Untertitel "Zum Tod
lachen" trägt. Nicht zum totlachen sollen seine Worte sein, weil er
damit sein eigenes Publikum auslöschen würde, Hauffe will den
Gevatter Tod einfach nur der Lächerlichkeit preisgeben. Und deshalb
gibt es heftige Schmähungen zur Gitarre.
"Der Tod ist ein Charakterschwein / Der sucht seinesgleichen / Was
muß das für'n Charakter sein / Geht ständig über Leichen." Hauffe
singt das leicht swingend, und fast möchte man mit den Fingern
schnippen. Ist doch gar nicht so schlimm, dieser Tod, denkt man
gleich, aber dann holt der Mann mit den roten Schuhen zum schwarzen
Anzug sein Publikum gleich wieder auf den wackeligen Boden der
Tatsachen.
"Haben Sie schon Ihr Testament gemacht?", fragt er. Regelmäßig sind
jene, die dies bejahen, in der Unterzahl. "Der Deutsche ist im
tiefsten Inneren von seiner Unsterblichkeit überzeugt", sagt Hauffe.
Gerade in Köln sei man in dieser Hinsicht besonders weit vorne. Wo
man in Wien den Tod zelebriere, da sei in der Domstadt Karneval. Und
wenn doch mal jemand stirbt, hört man, er sei ja viel zu früh
gegangen. In Köln werde so etwas gelegentlich mit einem in rheinische
Beschwingtheit verpackten Vorwurf gekontert: "Ist ja auch kein
Wunder, der hat die letzten Jahre ja nur gelebt."
Der Tod kann so lustig sein. Also beantwortet Hauffe die Frage, ob
man sich über solch ein Thema lustig machen darf, mit einem klaren
Ja. Mehr noch: Man dürfe nicht nur, man müsse sogar. Hauffe berichtet
begeistert von außergewöhnlichen Selbstmorden, die ihm bei der
Recherche zu seinem Programm unterkamen. Da habe sich beispielsweise
eine Frau aus dem Fenster gestürzt, nur weil ihr Mann den
Fernsehkanal gewechselt habe. So etwas könne man von der tragischen
Seite betrachten, müsse es aber nicht.
Nicht bei allen Veranstaltern rennt Hauffe mit seinem Programm offene
Türen ein. "Da kommt doch keiner", sagen sie erst. Aber wenn er dann
doch auftreten darf, ändern sie bald ihre Meinung. Es gibt offenbar
doch einen Bedarf für die humorvolle Auseinandersetzung mit dem
Tabuthema. Zudem distanziert sich Hauffe von der Spaßkultur mancher
Comedy-Kollegen. Er macht Kabarett: "Kreu(t)zweise ist kein
Schenkelklopfer-, sondern ein Schmunzelprogramm."
Aber auch das mit dem Schmunzeln klappt nicht durchweg. Kurz vor
Schluß wird es richtig ernst: Hauffe stimmt ein Lied für eine mit 46
Jahren verstorbene Freundin an. "Da gehen manche Menschen ein bißchen
geknickt raus und sind dankbar, daß bei dem Thema nicht nur
rumgekaspert wird", sagt er. Tränen gebe es da auch manchmal, aber
letztlich überwiege das im Untertitel angekündigte Lachen.
Als Hauffe, der auch als Autor fürs Fernsehen arbeitet und lange für
die WDR-2-Kabarett-Sendung "Zugabe" seine "Verhängnisvolle
G.Schichten" lieferte, das Programm entwarf, da wollte er besonders
gründlich recherchieren und bewarb sich bei einem Bestatter in der
Kölner Südstadt um eine Stelle als Aushilfe. Als der ihm jedoch
erklärte, daß der Job nicht nur Schreibkram umfasse, sondern auch den
Transport von Leichen, versiegte die Recherchelust augenblicklich.
"Da habe ich gekniffen", gibt er zu.
Er hat halt doch noch Respekt vor dem Tod, den er so gerne veralbert.
Auch Furcht? Nein, darauf läßt sich Hauffe nicht ein. Schließlich hat
er eine sehr optimistische Vorstellung, wie das Danach aussieht: "Es
wird so sein wie vor meiner Geburt, und das habe ich recht angenehm
in Erinnerung."
WELT, 14.11. 2004
Zum Totlachen (Rhein-Sieg-Rundschau vom 29.05. 03)
Zum Totlachen, diese Unmengen von Leichen in den Kellern der Medien, die Andreas Hauffe in seinem Programm „KREUTZWEISE“ in rasantem Tempo auf sein Publikum niederprasseln ließ.
Keineswegs Zitate aus der Betroffenheitsecke sondern die Vielfalt der Möglichkeiten, den Tod gesellschaftsfähig zu machen gewann der in Salzgitter geborene Wortakrobat mit bissigem Witz und auch weisen Tönen dem Tabuthema ab, erntete Gekicher und Gelächter, bei dem nicht immer sicher war, ob es von ertappter Betroffenheit oder Amüsement herrührte.
Rhein-Sieg-Rundschau Nr. 124 / 29.05. 03
Thema Tod (Kölner Stadtanzeiger vom 22.05.03)
Ein Kabarettprogramm über das naturgemäß nicht gerade brüllend komische Thema „Tod“ zu schreiben, gehört sicher nicht zu den einfachsten Aufgaben eines Komödianten. Auch Andreas Hauffe war sich seiner Sache anscheinend nicht ganz sicher. Bevor der Kabarettist mit seinem neuen Programm „Kreutzweise“ auf Tour geht, testete er es auf Lacherfolge. Seine Zweifel jedoch erwiesen sich als unberechtigt – gilt das Publikum im Alten Nordbahnhof als Maßstab, kann er die Tourplakate getrost in den Druck geben.
Kölner Stadtanzeiger Nr. 118 / 22.05.03
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